Die Weissgeldstrategie

Ich bin auch ein wandelnder Bankomat.

Fast täglich wird man als Weisser in einem Entwicklungsland mit dem Dilemma konfrontiert, dass man (zu Recht) als wohlhabend und (zu Unrecht?) als freigiebig angesehen wird. Beispiele gefällig?

a)    Ein Kind winkt, sagt «Hallo» und möchte dann Geld.

b)   Ein alter, offenbar blinder Mann wird von seinem Enkel zwischen stockenden Autokolonnen herumgeführt und bettelt.

c)    Ein Mann aus Liberia braucht dringend 7 Franken, um mit seinem Bruder ins Flüchtlingscamp zurückzukehren.

d)   Ein junger Mann aus der Elfenbeinküste, den man einige Tage zuvor an der Grenze kennengelernt hat, erzählt bei einem Treffen in Accra, dass ihm 2000 Franken (!) gestohlen wurden. Er hatte das Geld für eine Geschäftsidee zur Seite gelegt. Nun hat er kein Geld mehr und übernachtet im Busbahnhof. Einige Tage später fragt der Mann, ob man ihm nicht eine Arbeit habe – er stecke in einer verzwickten Situation…

Was tun? Von einem Freund wurde mir das Konzept des «Circle of Concern» (Betroffenheitsbereich) und «Circle of Influence» (Einflussbereich) empfohlen. Den persönlichen Betroffenheitsbereich kann man schwer beeinflussen. Entscheidend ist, dass man für sich definiert, was man tun kann und will (Einflussbereich). In meinem Fall: Wem gebe ich Geld, wem nicht? Damit muss ich nicht täglich erneut diese schwierige Frage beantworten. Also:

a)    Spontanbettlern und Kindern gebe ich kein Geld. Helvetas verteilt mein Geld (hoffentlich) besser.

b)   «Professionellen» Bettlern gebe ich Geld, wenn ich genügend Zeit habe um nach Münzen zu suchen.

c)    Geschichtenerzählern gebe ich kein Geld. Besonders nicht, wenn sie nach Alkohol riechen.

d)   Geschichtenerzählern gebe ich kein… Wieso habe ich dann Noël trotzdem ein Nötchen zugesteckt? Und wann ruft er wohl das nächste Mal an, um seine verzwickte Lage zu schildern?

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