Was tun mit lästigen Oppositionellen? Ausweisen! So lautet zumindest die Antwort von Kenias Regierung. Sie setzte den Politiker Miguna Miguna diese Woche kurzerhand in ein Flugzeug Richtung Kanada. Doch der Reihe nach. Eigentlich war Miguna des Hochverrats angeklagt gewesen. Der Rechtsanwalt hatte es gewagt, Ende Januar den «Amtseid» des Oppositionsführers Raila Odinga zu beglaubigen. Dieser hatte sich als «Präsident des Volkes» einschwören lassen, was dem offiziellen «Präsidenten der Republik Kenia», Uhuru Kenyatta, und seinen Getreuen sauer aufstiess.
Die Polizei holte darauf Miguna frühmorgens gewaltsam aus seiner Villa. Trotz bezahlter Kaution blieb er mehrere Tage hinter Gittern, bis über seinen Tod spekuliert wurde. Migunas Odyssee führte über verschiedene Polizeiposten bis zu einem Provinzgericht, das für ihn aber nicht zuständig war. Nach mehreren Ultimaten an die Polizei, den Oppositionellen endlich herauszurücken, riss dem verantwortlichen hohen Richter der Geduldsfaden. Er erklärte die Anklage für ungültig und entschied, der Mann sei freizulassen.
In das Seilziehen zwischen Polizei und Justiz mischte sich nun das Innenministerium ein. Es kam zur simplen Lösung, dass der kenianisch-kanadische Doppelbürger nach seiner Freilassung gleich «nach Hause» ausgeflogen werden sollte. Aus Sicht der Regierung hat Miguna vor gut zehn Jahren seine kenianische Staatsbürgerschaft nicht mehr erneuert. Wieso der Politiker im vergangenen Jahr trotzdem fürs Parlament kandidieren durfte, bleibt rätselhaft.
Migunas Fall, so skurril er wirkt, ist ein trauriges Beispiel für das Verhalten der Machthaber in Kenia. Sie springen nach Belieben mit der Verfassung, den Gesetzen und der Justiz um, was die vielen gesetzestreuen Bürger verärgert. Es gäbe übrigens einen weiteren Politiker, den die Polizei wegen Hochverrats festnehmen müsste: den Oppositionsführer Odinga. Schliesslich liess sich dieser mit Hilfe Migunas vereidigen. Doch Odinga ist viel zu mächtig, als dass sich Polizei oder Innenministerium an ihm die Finger verbrennen möchten.
Dieser Text erschien am 9. Februar 2018 in der Neuen Zürcher Zeitung.