Der Herbst-Heerwurm – Raupenheere fressen Afrikas Äcker leer

Ein Schädling aus Südamerika verbreitet sich auf dem afrikanischen Kontinent verheerend schnell. Nun ­engagiert sich die EU verstärkt im Kampf gegen den Eindringling.

Sein Name ist Programm: Der Heerwurm fällt in Massen über einen Acker her, hinterlässt ein Schlachtfeld und marschiert dann weiter. Die Raupe des Herbst-Heerwurmes wurde erstmals vor zwei Jahren auf dem afrikanischen Kontinent entdeckt – in Nigeria. Ursprünglich vom amerikanischen Kontinent, kommt der Schädling heute praktisch in allen Ländern südlich der Sahara vor.

Der Herbst-Heerwurm (englisch: fall armyworm) befällt unter anderem die Grundnahrungsmittel Mais und Sorghum. Die Motte klebt ihre Eier unter die Blätter. Die Raupen fressen sich dann durch Blätter und Kolben und halten sich im Stengel auf, wo sie schwer zu entdecken sind und die grössten Schäden verursachen. In Afrika hat der Schädling keine natürlichen Feinde, oft wird er von Bauern nicht erkannt und breitet sich darum rasch aus. Schätzungen gehen davon aus, dass in den am stärksten betroffenen Ländern die Ernten um 20 bis 50 Prozent dezimiert wurden. Sambia hat vor einem Jahr gar die Luftwaffe aufgeboten, um Pestizide zu verteilen.

Push-pull-Methode hilft

Doch die Anwendung von Pestiziden ist keine Lösung. Spritzmittel erreichen die Raupen im Innern der Pflanzen oft nicht. Zudem kann schon eine nächste Generation des Schädlings resistent sein. Alternativen sind die mechanische Bekämpfung der Larven im Frühstadium, Fallen, Biopestizide oder die Nutzung von Pilzen und Viren, welche den Herbst-Heerwurm angreifen.

Wirksam ist auch die sogenannte Push-pull-Methode. Diese Art der Bewirtschaftung wurde vom Schweizer Hans Rudolf Herren entwickelt, der dafür den alternativen Nobelpreis erhielt.* Desmodium-Pflanzen in einem Getreidefeld vertreiben mit ihrem Geruch gewisse Schädlinge. Diese legen ihre Eier auf Napiergras am Rand des Feldes, und daran bleiben die Larven dann kleben. Andreas Sicks von Herrens Stiftung Biovision erklärt: «Die Push-pull-Bauern haben uns berichtet, dass ihre Felder vom Herbst-Heerwurm weit weniger beschädigt wurden als jene ihrer Nachbarn.» Eine Untersuchung zeigte, dass es rund 80 Prozent weniger Schäden gab als in normal bewirtschafteten Feldern. Wie genau die Push-pull-Methode beim Heerwurm funktioniert, ist noch unklar. Die Stiftung Biovision will dies nun mit ihrer lokalen Partnerorganisation Icipe herausfinden, um den Schädling effizienter bekämpfen zu können. Für die Erforschung der natürlichen Bekämpfung des Herbst-Heerwurmes hat die Europäische Union soeben 5,6 Millionen Euro gesprochen, wie jetzt an einem Treffen zum Thema «Invasive Arten in Afrika» in Nairobi bekanntwurde.

Rasche Ausbreitung verhindern

Nach gut zwei Jahren soll das Problem des Herbst-Heerwurmes auf dem afrikanischen Kontinent nun koordinierter angegangen werden. «Es fühlte sich an wie beim letzten Ebola-Ausbruch», sagt Sicks von Biovision, «zu lange wurde nur diskutiert, bis endlich Expertenteams und Gelder mobilisiert werden.»

Durch verstärkten Handel und mehr Reisen wird das Problem der invasiven Arten in Zukunft nicht kleiner. Diverse Schädlinge haben sich im letzten Jahrzehnt auf dem afrikanischen Kontinent so verbreitet, etwa die Papaya-Schmierlaus oder die Tomatenminiermotte. Ist eine Art einmal da, bringt man sie nicht mehr weg. Der Schaden für Afrika ist schwer abzuschätzen, dürfte jedoch im Milliardenbereich liegen. «Wir können solche Invasionen nicht verhindern, die rasche Ausbreitung hingegen schon», erklärt Sicks. Er wünscht sich, dass Länder und Organisationen künftig besser vorbereitet sind, so dass auf neue Schädlinge schneller reagiert werden kann als beim Herbst-Heerwurm. Für die Millionen Kleinbauern südlich der Sahara ist dies überlebenswichtig.

Dieser Text erschien am 26. Februar 2018 in der Neuen Zürcher Zeitung.

* Ergänzung: Hans Herren war während seiner Jahre als Director General des Instituts icipe bis 2006 ein Förderer der Entwicklung der Push-Pull-Methode. Der Erfinder der Methode ist aber Prof. Zeyaur Khan vom icipe und seine Mitarbeiter. Insofern handelt es sich nicht um eine Schweizer Methode, wie im Zwischentitel irrtümlich stand.

Eine Antwort auf „Der Herbst-Heerwurm – Raupenheere fressen Afrikas Äcker leer“

  1. Dass die Push-Pull Methode wirklich funktioniert ist noch gar nicht bewiesen. Es gibt da grosse Zweifel. Das wird aber sehr gerne von ICIPE so verbreitet…. es findet auch überhaupt keine Koordination statt zwischen den verschiedenen Research Institutionen, FAO, Ministry of Agriculture, etc. auf diesem Gebiet statt. Wir befassen uns übrigens ebenfalls sehr damit.
    Das Pflanzen von Desmodium braucht viel Platz, für viele Kleinbauern mit wenig Land geht dies auf Kosten der Nahrungssicherheit! Wenn im Frühstadium gegiftelt wird, kann es schon etwas bewirken. Aber die Bauern bedürfen dann viel Aufklärung und Anweisung im Feld. Wir machen ebenfalls verschiedene Feld-Versuche (ohne „Partnerorganisationen“).

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