Kenias Helikopterpolitiker aus dem Lehrbuch

Kenianische Politiker fliegen für gute PR überalhin. Dumm bloss, wenn das sogar in einem Schulbuch thematisiert wird.

Fiktion und Realität in Kenias Bildungssystem.

«Lehrer und Schüler jubeln. Der Helikopter fliegt tief.» So beginnt die Geschichte in einem kenianischen Schulbuch. Über dem Schulhaus schwebt ein oranger Helikopter, der zur Landung ansetzt. «Unser Führer, unser Führer!», rufen die Schüler. Im Helikopter sitzt der lokale Parlamentarier, der auf Schulbesuch kommt.

Kenias Politiker sind auch Helikopterpolitiker. Sie fahren oder fliegen von Einweihung zu Einweihung. Zu den beliebtesten Objekten gehören Strassen, Schulgebäude und Brücken. Hauptsache, es hängt ein farbiges Band mit Schleife daran, das man vor der versammelten Presse mit einer Schere feierlich durchschneiden kann. Besonders absurde Beispiele aus den letzten Jahren sind die Eröffnung einer Lehmhütte oder die Inbetriebnahme eines TV-Empfängers in einem Schlafsaal einer Schule.

Der Gouverneur des Bezirks Bomet flog mit dem Helikopter zur Einweihung eines Kuhbades zur Ungezieferbekämpfung, dessen Erstellung nur gerade 50 Franken gekostet hatte. Die Reisekosten für den Politiker inklusive Entourage waren um ein Vielfaches höher. Solche Geschichten werden in Kenia meist mit einem Lachen und einem Schulterzucken abgetan. Man hat sich an die Helikopterpolitiker gewöhnt.

Wenn aber diese Attitüde durch ein Schulbuch noch zementiert wird, stösst dies in den sozialen und klassischen Medien doch auf Kritik. Das staatliche Institut, welches die Schulbücher zertifiziert, hatte die Geschichte durchgehen lassen – inklusive fehlerhafter Sätze. So trägt etwa die Politikergattin «goldene Ringe in (sic!) der Hand». Das Institut verspricht nun in aktivistischer Manier, alle Schulbücher auf Fehler zu kontrollieren. Als ob dies nicht schon zuvor hätte geschehen sollen.

Der Politiker im Schulbuch verspricht derweil den Schülern, die besonders gut sind, eine Belohnung: «Er wird uns in den Himmel emporheben. Ich gebe mein Bestes.» Was tönt wie ein Märchen, wurde indes längst von der Realität eingeholt. Kupchumba Murkomen, Fraktionschef von Kenias Regierungspartei, liess sich im Februar ablichten, wie er mit dem Helikopter Schülerinnen in den Himmel entführte.

Dieser Text erschien am 29. Oktober 2018 in der Neuen Zürcher Zeitung.

Der Tweet, der alles ins Rollen brachte:

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